Anton Schweitzer
Alceste

Residenzschloss Weimar

Premiere: 23. Oktober 2007

Musikalische Leitung Michael Hofstetter
Inszenierung Hendrik Müller
Bühne und Kostüme Mira Voigt
Dramaturgie und Produktion Tina Hartmann
Alceste Simone Schneider
Admet Christoph Genz
Parthenia Cyndia Sieden / Emma Pearson
Herkules Josef Wagner
Drei Bedienstete Isabella Sander-Wolter
Rüdiger Sander
Peter Baumann / Tim Sander
Concerto Köln

Gastspieleinladungen:
Gluck-Festival des Staatstheaters Nürnberg
Ludwigsburger Schlossfestspiele
Wieland-Tage Biberach

Hendrik Müller (Regie) und Mira Voigt (Ausstattung) lassen die todesschwangere Atmosphäre packend entstehen. Eine ansteigende Bretterbühne mit Schilfwedeln am Rand, ein Käfig mit weißen Tauben und drei stumme Parzen-Gestalten genügen, um poetisch-bedrohlich einen psychischen Innenraum von Wünschen, Ängsten und Obsessionen zu beschwören, dem die Protagonisten radikal ausgeliefert sind, bis Herkules die fatale Verkettung von Liebe und Tod burschikos auflöst.
[Werner M. Grimmel - Schwäbische Zeitung, 27. Oktober 2007]

Es gelingt Regisseur Hendrik Müller auf den Bühnenbrettern am Ufer des Flusses Styx im angedeuteten Welttheater von Mira Voigt in der Allegorie der frühen Klassik, ohne ihr gemäßigtes Pathos zu demontieren, die Menschen des Singspiels uns sehr nahe kommen zu lassen. Müller geht behutsam vor, schafft Platz und Räume für den Gesang und fügt die singenden Menschen in Bilder von sanfter Schönheit oder vorsichtiger Heiterkeit. Schwer zu vergessen das Eingangsbild mit dem kranken Admet und der zärtlichen Alceste bei ihm. Dann immer wieder assoziative Bilderspiele mit dem Grab als Ort des Schlafes. Unspektakulär eigentlich, daher so eindringlich, die weiß gedeckte Tafel überm offenen Grab beim Totenopfer für Alceste. Beredter ist solches Bild der Unauflösbarkeit von Leben und Tod als manches gut gemeinte Videospiel anderenorts.
Müller ist mit seinen Protagonisten sehr genau. Das Kaleidoskop der Gefühle wird entfaltet, es wird stumm kommentiert von drei alt gewordenen Dienern, die auf den leisen Sohlen ihrer warmen Filzschuhe agieren, als müssten sie von Anbeginn der Welt dabei sein, wenn Menschen nicht wissen, ob sie am Leben oder schon gestorben sind und den göttlichen Anwalt des Lebens immer missverstehen. [...]
Die Überraschung dieses Abends besteht nicht zuletzt darin, dass eine wenig überraschende Handlung, ja der scheinbare Stillstand, das Räsonieren über Situationen um sich ihnen nicht stellen zu müssen, ganz und gar nicht ohne Spannung sein muss, wenn es der Regie wie hier gelingt, alle Zeigefinger in der Tasche zu lassen. Im Lot bleibt das Gleichgewicht zwischen Szene und Musik, und das ist gut, denn was musikalisch mit der Ouvertüre versprochen wurde, wird den ganzen Abend über eingehalten.
[Boris Michael Gruhl - klassik.com, 2. November 2007]

Was für ein beeindruckender, mitreißender, was für ein kostbarer Opernabend! [...] Nach drei Stunden jubelte das Publikum und war beim Verlassen des Theaters garantiert frischer als beim Eintritt. [...] Und so ernst der Regisseur die Figuren in ihren Gefühlen auch nimmt, er bringt mit Fingerspitzengefühl auch etwas Ironie mit ins Spiel. Eine verdienstvolle, das Wesentliche herausarbeitende Inszenierung.
[Monika Beer - Fränkischer Bote, 13.März 2008]

Am Vorabend der Wiedereröffnung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek feiert „Alceste“ eine Art Wiederauferstehung. Man kann sich keine schönere Einstimmung auf diesen die deutsche Kulturnation in freudige Erregung setzenden feierlichen Akt vorstellen. [...] An diesem Ort entfaltet das Singspiel eine elementare Kraft. Wenn von der Oper gern als einem Kraftwerk der Gefühle gesprochen wird, so ist die „Alceste“ im Weimarer Stadtschloss mindestens so etwas wie ein Kleingenerator, der die Nachbarschaft ohne lange Übertragungsleitungen versorgt. Das funktioniert deshalb, weil man in Weimar das Stück ernst nimmt, sich keinen musikalischen Spaß erlaubt, sondern einem in seinem idealistischen Humanismus anrührendem Werk die Ehre erweist.
[Eckhard Fuhr - Die Welt, 25.Oktober 2007]

Auf einer schiefen Ebene roh gezimmerten Bretterbodens, zwischen den nackten Gerüsten der Kulissengassen, entwickelte sich das Spiel der Figuren mit dramatischer Intensität. [...] Und bevor Herkules wieder aus dem Orkus auftaucht, schwenkt die zweifelnde Parthenia [...] die Trost spendende Wodkaflasche hin und her. Das ist so komödiantisch inszeniert wie der Suppentopf statt Opferzeremonie über der Grabesgrube, aus dem Herkules nach vollbrachter Rettungstat seinen Teil mit der Kelle löffelt. Hofstetters atmende Tempi und Müllers intelligente, unaufdringliche Regie verbinden sich zu lebendigem Musiktheater.
[Dietholf Zerweck - Eßlinger Zeitung, 08. Juli 2008]

Hendrik Müllers Inszenierung versteht es nicht ungeschickt, den erhabenen Stoff um Liebe, Leid und Tod, Opfer und Hingabe, Schmerz und Überwindung in schlichten Bildern und Gesten zu vergegenwärtigen. Das geschieht nicht ohne Ironie, für die als stumme Rollen insbesondere drei skurrile Bediente zuständig sind. Die ernsten, existentiellen Dimensionen des Sujets bleiben freilich immer erkennbar.
[Wolfram Frey - Pforzheimer Zeitung, 08. Juli 2008]

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